Zurück in den Kreislauf

Unsere Vision ist es, eine bessere Erde zu machen – und das ganz wörtlich, denn unser “Human Output” enthält wertvolle Stoffe, die wir als Komposterde und Düngemittel zurück aufs Feld bringen können. So können wir den Kohlen- und Nährstoffkreislauf schließen (Feld – Teller – Toilette – Aufbereitung – Feld). Das kann in relevantem Maß synthetischen Dünger ersetzen, Böden verbessern und die Überdüngung unserer Gewässer vermindern. Aber fangen wir vorne an: auf dem Lokus.

Wir alle gehen täglich auf die Toilette und hinterlassen dort pro Jahr ungefähr 75 kg Feststoffe und 550 Liter Urin.
Ein ganz schöner Haufen also.
In unseren Toiletten fallen zwei Stoffströme an: der getrennt gesammelte, flüssige Urin und der feste Mix, den wir unter dem Toilettensitz sammeln (aus Hobelspänen, Fäzes, Urin und Toilettenpapier).

Urinaufbereitung

Eine Glasflasche mit durchsichtig gelber Flüssigkeit wird nach oben gegen die Sonne gehalten, so dass der Inhalt golden aufscheint. Im Hintergrund Häuser mit zahlreichen Balkonen.

Urin enthält genau jene Stoffe, die in einem handelsüblichen Pflanzendünger enthalten sind. Mehr dazu in diesem Artikel über Urin in der Permakultur von Beat Rölli. Die wichtigsten drei davon sind Stickstoff, Phosphor und Kalium. Aus Urin kann daher ein hervorragender Nährstoffdünger hergestellt werden. Wie du das zuhause im eigenen Garten machen kannst, erklären wir dir hier.

Werden größere Mengen gewerblich gesammelt, erfordert dies die Stabilisierung von Stickstoff, um zu verhindern dass Ammoniak ausdampft, sowie die Entfernung von Medikamenten­rück­ständen. Für den Urin gibt es ein Verfahren, das eine vollumfängliche Düngemittel­zerti­fi­zierung in der Schweiz, in Österreich und Liechtenstein hat: das Verfahren von Vuna. Im ersten Schritt stabilisieren Mikroorganismen den Urin. Im zweiten Schritt reinigt ein Kohlefilter 100% der Verunreinigungen (das entspricht einer vierten Reinigungs­stufe in Klärwerken).


Die Schweizer Kompotoi beliefert Vuna im Raum Zürich in unregelmäßigen Abständen. Im Schweizer Shop kannst du Aurin auch kaufen – und Nachfrage stärkt bekanntlich das Angebot… ! Daneben forschen wir an weiteren Standorten an alternativen Verfahren. Und wir sind uns sicher, dass sich der gesellschaftliche Blick aufs Pipi mittelfristig deutlich ändern wird.

Aurin Frontansicht

Verwertung der Feststoffe

Unser Kot besteht zu größten Teilen aus unverdaulichen Nahrungs­bestand­teilen, vorwiegend Ballaststoffen, Resten unserer Darmflora und Wasser. Er macht in unserem festen Stoffstrom aber nur etwa ein Zehntel aus. Der übrige Teil sind Einstreu, Urin und Toilettenpapier. Es gibt verschiedene Verwertungs­ver­fahren: die Eingabe in Biogasanlagen, die Verkohlung oder eben die Kompostierung. Letztere birgt das größte Potential für geschlossene Kreisläufe. 

In der Kompostierung bauen Mikroorganismen die Eiweiß-, Zucker-, und Fettsäurereste ab. Wie das genau funktioniert, kannst du in diesem Auszug aus dem Ratgeber Grüngutverwertung des Kompostforum Schweiz im Detail nachlesen. Dabei entsteht Humuserde. Diese ist aufgrund der Dichte des Materials ein besonders guter Kohlenstoffspeicher. So gut, dass 0,04% Humusaufbau pro Jahr die globalen Emissionen kompensieren könnte (siehe die 4-Promille-Initiative). Humus mit kompostierten Fäkalien ist außerdem besonders nährstoffreich und kann als Grundlage von Terra Preta Substraten verwendet werden. 

Die Weiterverwertung der gesammelten Haufen aus einer Komposttoilette im privaten Rahmen ist gut zu bewerkstelligen. Mensch braucht dafür nur etwas Platz und viel Geduld, denn für die Hygienisierung der Krankheitserreger in unserem Schiet brauchst du entweder Zeit oder ausreichende Hitze. Hier erklären wir dir, worauf du bei der Kompostierung im Garten achten solltest.

Im großen, gewerblichen Rahmen wird mit der klassischen Heißrotte gearbeitet. Das funktioniert auch für Inhalte aus Trockentoiletten. Wir hatten Glück, dass uns Verora und Bionika sehr früh mit ihrem System der gelenkten mikrobiellen Kompostierung bekannt gemacht haben. So konnten wir 2019 unsere ersten wissenschaftlichen Untersuchungen bei der Qualikomp in Emmen in der Schweiz machen. Der Test wurde unterstützt von der Klimastiftung Schweiz und von der ETH Zürich und der EAWAG durchgeführt. Die Ergebnisse waren positiv.

Die Hürde: Regulierung

In der Praxis befinden wir uns in einem Dilemma, denn wir können euren Human Output zwar sammeln und sicher verarbeiten, aber wir dürfen die Produkte, insbesondere den Kompost, aktuell gewerblich nicht verwenden. Der Grund dafür: Menschliche Fäkalien sind bisher nicht in der Düngemittelverordnung aufgeführt. Es ist schlichtweg eine Leerstelle. Enthalten sind tierische Fäkalien einerseits und Klärschlamm andererseits. Für das, was wir in den Komposttoiletten sammeln, fehlt eine explizite Regulierung als Ausgangsstoff für eine Düngemittelproduktion, denn es fehlt eine rechtliche Schublade, in die der Human Output gesteckt werden kann. Was die Abfallentsorgung angeht, besteht dadurch in der Praxis sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz eine Unsicherheit. Deshalb ist es bis jetzt – mit Bezug auf das Vorsorgeprinzip – nur erlaubt menschliche Ausscheidungen in wissenschaftlich begleiteten Pilotversuchen zu kompostieren. 

Dafür, dass Klärschlamm nicht in der Landwirtschaft verwendet werden soll, spricht vieles: er enthält diverse Abwässer und damit auch eine Vielfalt von Schadstoffen, zum Beispiel Schwermetallen, die in menschlichen Ausscheidungen kaum vorkommen. 

Dafür, dass Inhalte aus Trockentoiletten zu Düngemittel verarbeitet werden sollten, spricht hingegen einiges: die enthaltenen Pflanzennährstoffe, die viel geringere Schadstoffbelastung, da es gar nicht erst zur Kontamination durch andere Abwässer kommt – und zusätzlich ein Abbau der vorhandenen Verunreinigungen in der Behandlung bevor die Produkte als Düngemittel eingesetzt werden, gesichert in der Urinbehandlung und positive Ergebnisse aus ersten Pilotversuchen für den Kompostierungsprozess. Die wichtigsten Eckdaten zu Potential und rechtlicher Lage in Deutschland sind in diesem Diskussionspapier zusammengefasst.

Um die unzureichende Situation anzugehen, machen wir uns mit vielen anderen Akteur:innen in den Netzwerken VaLoo und NetSan für eine explizite und ermöglichende Regulierung stark! Nur so können wir den Wert wie auch die Sicherheit von Produkten aus verarbeiteten menschlichen Ausscheidungen erschließen!

Mehr zu unserem Engagement und wie wir unsere ökologische und soziale Verantwortung umsetzen, findest du hier.

NetSan